Compoundierung

– stellt nach der Herstellung des Grundpolymers den ersten Aufbereitungsprozess zur Veredelung und Modifizierung von Kunststoffen mittels Extrusion dar. Durch die Aufbereitung können Kunststoffe in ihrem Eigenschaftsprofil gezielt verändert und damit an den anschließenden Prozess und die gewünschten Produkteigenschaften angepasst werden.

Dabei erfolgt im Extruder das Aufschmelzen des Kunststoffs, wobei dieser mit Additiven, Füllstoffen, Verstärkungsstoffen oder einer Kombination hieraus vermischt wird. Nach einer Homogenisierung und Entgasung des Compounds wird es durch ein Werkzeug i. d. R. zu Strängen geformt, gekühlt und zu Kunststoffgranulat verarbeitet.

Materialien

Bei den im Kapitel Compoundierung untersuchten Biokunststoffen handelt es sich um die in Tabelle 1 genannten Materialklassen. An dieser Stelle erfolgt keine typengenaue Nennung eingesetzter Biokunststoffe. Die im Folgenden genannten Ergebnisse sind als generelle Verarbeitungsrichtlinien nach Materialklasse zu verstehen und wurden auf einer breiten Datengrundlage ermittelt.

Tabelle 1: Übersicht der im Abschnitt Compoundierung untersuchten Materialien
Materialklasse Typ
CA Celluloseacetat
PA Polyamid
PBS Polybutylensuccinat
PBS-Blend Polybutylensuccinat-Blend
PE Polyethylen
PHBV Polyhydroxybutyrat-cohydroxyvaleriat
PLA Polymilchsäure
PLA-Blend Polymilchsäure-Blend
PLLA Poly-L-Milchsäure
TPS Thermoplastische Stärke
TPS-Blend Thermoplastische-Stärke-Blend

Im Compoundierprozess gibt es vor und während der Verarbeitung eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die, je nach Kunststofftyp, unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Diese betreffen die mechanischen, thermischen, (chemischen) und rheologischen Eigenschaften. Daher sind die folgenden Ergebnisse als Orientierungs- und Entscheidungshilfe zu verstehen. Sofern Angaben seitens des Materialherstellers verfügbar sind, wird empfohlen, diese Verarbeitungsdaten zu verwenden. Da dies jedoch für Biokunststoffe häufig noch nicht der Fall ist, sind in Tabelle 2 grundlegende Hinweise zu verarbeitungsrelevanten Punkten gängiger Biokunststoffe aufgeführt.

Tabelle 2: Prozessfenster und Verarbeitungshinweise für Biokunststoffe
Material Verarbeitungs­hinweis Verarbeitungs­bereich [°C] Trocknungs­dauer Trocknung [°C] Max. Feuchte [%]
CA
  • Beginn der Depolymerisation bei T > 230 °C (Essiggeruch, Rauchbildung)
  • Feuchtigkeit > 0,15 % → Aufschäumen
  • Feuchtigkeit < 0,15 % → Fließfähigkeit sinkt
160–230 2–4 h 60 < 0,15
PA
  • Vortrocknung bei geschlossenem Extruder erforderlich
  • Die Verarbeitungstemperatur ist in Abhängigkeit vom verwendeten Typ zu wählen
  • Faustregel: Je größer die Typenzahl, desto geringer die Verarbeitungstemperatur. Bsp.: Die Verarbeitungstemperatur von PA 11 liegt bei 180 °C, während die von PA 4.10 ca. 250 °C beträgt
  • Teilkristallines Bio-PA → Trocknung nach Extrusion im Kristallisator
200–208 4–6 h 80 < 0,05
PBS Keine Daten vorhanden
PBS-Blend
  • Keine pauschale Aussage, da hohe Anzahl an Kombination möglich
PE
  • Extrusionstechnische Verarbeitung mit petrobasiertem PE identisch
  • Die Verarbeitungstemperatur ist in Abhängigkeit von der verwendeten Type zu wählen
150–190 3–4 h 90 -
PHBV
  • Lagerung an kühlen (T < 50 °C) Orten sowie bei geringer Luftfeuchtigkeit
  • Vortrocknung erforderlich → hydrolytischer Abbau
  • Leichte thermische Zersetzung → kleines Verarbeitungsfenster
  • Bei T ≤ 190 °C thermische Schädigung
  • Anpassen Gehäusetemperatur an Verarbeitungstemperatur
  • Hohe Wärmespeicherkapazität → Unterwassergranulierung
  • Nach Extrusion → Trocknung im Kristallisator
130–180 4 h 100 < 0,025
PLA
  • Vortrocknung erforderlich → hydrolytischer Abbau
  • Bei Feuchtigkeit > 0,025 % H2O steigt Einfluss der Hydrolyse; das Material wird durch Kettenabbau fließfähiger (niedrigviskos)
  • Geringer Aufschmelzbereich
  • Scharfe Aufschmelzzone
  • Gestuftes Temperaturprofil → schnelles + schonendes Aufschmelzen (gut für Fasereinarbeitung)
  • Nach Extrusion → Trocknung im Kristallisator
180–200 6 h 80 -
PLA-Blend
  • Keine pauschale Aussage, da hohe Anzahl an Kombinationen möglich
  • Abhängig von Mischbarkeit ist eine relativ scharfe Mischzone zu wählen
PLLA
  • Vergleichbare Verarbeitung wie PLA
190–220 6 h 80 < 0,025
TPS Keine Daten vorhanden
TPS-Blend
  • Keine pauschale Aussage, da hohe Anzahl an Kombinationen möglich
  • TPS-Anteil führt zu hydroskopsichen Eigenschaften (Feuchtigkeitsaufnahme)

Materialvortrocknung vs. Prozessentgasung im Compounder

Ähnlich wie beim konventionellen Kunststoff PET gibt es auch bei den Biokunststoffen Materialien, bei denen ein besonderes Augenmerk auf deren Restfeuchtegehalt gelegt werden muss, da sie zur Feuchtigkeitsaufnahme neigen (hydrophil sind). Um diese Materialien mittels Compoundierung verarbeiten zu können, stehen allgemein zwei unterschiedliche Methoden zur Verfügung:

  • die Materialvortrocknung im Sinne der Feststofftrocknung durch geeignete Trocknungsgeräte und
  • die Prozessentgasung während des Compoundiervorgangs.

Die Untersuchungen des Trocknungseinflusses selbst sind für hydrolyseanfällige Biokunststoffe sehr umfangreich. Deshalb wird anhand des Biokunststofftyps PLA (Ingeo 3251D der Firma NatureWorks) in der folgenden Tabelle exemplarisch dargestellt, inwieweit eine Vortrocknung des Materials für nachfolgende Prozesse erforderlich ist bzw. wie effektiv die Prozessentgasung im Compounder sein kann. Für die Untersuchung wird ein Teil des Materials („EXTR dry“) vor der Extrusion bei 80 °C für 16 Stunden getrocknet. Der andere Teil („EXTR wet“) wird ungetrocknet verarbeitet (vorherige Lagerung unter Normklima bei 23 °C und 50 % r. F.)

Tabelle 3: Konditionierung von Ingeo 3251D vor Extrusion und rheometrischer Messung
Bezeichnung Konditionierung vor Extrusion Konditionierung vor rheometrischer Messung Wassergehalt vor rheometrischer Messung [%]
EXTRA dry
(80 °C)
getrocknet
16 h, 80 °C
getrocknet
16 h, 80 °C
0,0182
EXTR dry
(23 °C, 50 % r. F.)
getrocknet
16 h, 80 °C
Lagerung bei
23 °C, 50 % r. F.
0,3517
EXTRA wet
(80 °C)
Lagerung bei
23 °C, 50 % r. F.
getrocknet
16 h, 80 °C
0,0187
EXTR wet
(23 °C, 50 % r. F.)
Lagerung bei
23 °C, 50 % r. F.
Lagerung bei
23 °C, 50 % r. F.
0,3482

Das Ergebnis der Untersuchung war, dass der Wassergehalt des geprüften PLA vor der Verarbeitung keinen signifikanten Einfluss auf den Prozess und die resultierende Materialqualität hat, wenn durch entsprechende Entgasungszonen bei der Aufbereitung das enthaltene Wasser frühzeitig abgeführt werden kann. Somit werden die Hydrolyse und der damit einhergehende Abbau der Polymerketten reduziert und bei optimalen Prozessbedingungen beinahe gänzlich verhindert.

Zusammenfassung

Im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoffen wird für Biokunststoffe verhältnismäßig oft eine Trocknung vor der Verarbeitung empfohlen. Untersuchungen im Projekt haben jedoch gezeigt, dass bei hydrophilen Biokunststoffen mittels entsprechender Verfahrensanpassungen und geeigneter Entgasung während der Compoundierung oft keine Vortrocknung erfolgen muss. Leider sind nicht immer Herstellerangaben zur Verarbeitung vorhanden. Hält man jedoch die Verarbeitungsempfehlungen ein (sofern vorhanden), sind die untersuchten Biokunststoffe wie vergleichbare herkömmliche Kunststoffe zu verarbeiten. Um das Informationsdefizit zu reduzieren, dienen die Projektergebnisse als Hilfestellung.

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