Faserherstellung im Schmelzspinnprozess

– ist das mit Abstand am häufigsten genutzte Verfahren, um Synthesefasern, wie sie in der Bekleidungs-, Filtrations- oder Automobilindustrie zu finden sind, zu erzeugen.

Mit knapp 60 % dominieren die aus fossilen Rohstoffen hergestellten Synthesefasern deutlich den weltweiten Fasermarkt. Die Rolle der biobasierten und teilbiobasierten Alternativen nimmt aufgrund ihrer Nachhaltigkeit und dem wachsenden ökologischen Bewusstsein allerdings kontinuierlich zu. Biobasierte und teilbiobasierte Thermoplaste lassen sich auf konventionellen Industrieanlagen gut verarbeiten und bieten sich mit ihrem guten Eigenschaftsprofil für zahlreiche Anwendungen in der Textil- oder Möbelindustrie an.

Materialien

Die in Tabelle 1 aufgeführten Biokunststoffe wurden im Projektrahmen auf einer industrienahen Schmelzspinnanlage der Firma „Fourné Polymertechnik GmbH“ verarbeitet und hinsichtlich ihrer Verspinnbarkeit und den resultierenden mechanischen Eigenschaften untersucht.

Tabelle 1: Übersicht der im Schmelzspinnprozess untersuchten Materialien
Materialklasse Hersteller Typ
PLA NatureWorks Ingeo 6201D
PLA NatureWorks Ingeo 6400D
PA 11 Arkema Rilsan BMNO TL
PA 4.10 DSM EcoPaXX Q170E

Verarbeitungsverhalten

Sämtliche untersuchten Materialien zeigen gute Extrusionseigenschaften und ermöglichen einen gleichmäßigen und kontinuierlichen Förderprozess. Mit Fördermengen von bis zu 3 kg/h und Galettengeschwindigkeiten von bis zu 1800 m/min konnten mit diversen Düsengeometrien (32–120 Loch) Verarbeitungsfenster identifiziert werden, die einen stabilen Filamentgarnherstellungsprozess zulassen.

Filamentgarnverlauf des Verspinnprozesses
Abbildung 1: Filamentgarnverlauf des Verspinnprozesses

Um eine stabile Prozessführung zu gewährleisten, sollte das Granulat im Vorfeld der Verarbeitung bis zu einem Feuchtegehalt von 0,01–0,1 % getrocknet werden (24 h bei 50–120 °C/ Vakuumtrockenschrank). Insbesondere die Polyamide zeigen eine starke Abhängigkeit der Viskosität vom Feuchtegehalt. Bei sehr trockenen Granulaten (~0,01–0,03 %) ist es daher empfehlenswert, den Spinnprozess in höheren Verarbeitungstemperaturbereichen durchzuführen, um der Viskositätszunahme entgegenzuwirken. Um gleichmäßige mechanische Eigenschaften der Filamente zu realisieren, sollte das Material daher vor dem Verspinnen auf annähernd den gleichen Ausgangsfeuchtegehalt gebracht werden. Eine Abnahme der Viskosität durch erhöhte Temperatur oder höheren Feuchtegehalt führt bei ansonsten konstant gehaltenen Prozessparametern zur Änderung der Filamenteigenschaften und damit zur Uneinheitlichkeit des erzeugten Garnes. Dies trägt in der Regel zur Erhöhung der Bruchdehnung und einer Änderung der Reißfestigkeit sowie des E-Moduls bei.

Eine weitere Schwierigkeit im Spinnprozess von Polyamiden stellt die elektrostatische Aufladung der Filamente dar. Der daraus resultierenden destabilisierenden Aufspreizung der Filamentbündel auf den fadenführenden Elementen kann mit einer geeigneten Spinnpräparation ohne großen technischen Aufwand entgegengewirkt werden. Das Verstrecken der Filamente auf Reckgaletten sollte für sämtliche Materialien oberhalb der Glasübergangstemperatur stattfinden (siehe Tabelle 1). Eine Abnahme der Fadenspannungen dient dabei einerseits der Stabilisierung des Verstreckprozesses, ermöglicht andererseits höhere Reckgrade und führt letztendlich zur Verbesserung mechanischer Eigenschaften.

Fourné-Schmelzspinnanlage
Abbildung 2: Fourné-Schmelzspinnanlage

Um dem thermischen Abbau von PLA entgegenzuwirken, ist es empfehlenswert, die Extrusionsgeschwindigkeiten und Fördermengen möglichst hoch anzusetzen. Die guten Fließeigenschaften der Schmelze lassen dies ohne Weiteres zu. Alternativ könnte hierzu auch eine niedrigere Verarbeitungstemperatur angesteuert werden (215–220 °C).

Tabee 2: Temperaturempfehlungen für die Verarbeitung (Methode: DSC/Prüfgerät: Perkin Elmer DSC 7)
Typ TG [°C] TS [°C] Empfehlung TVerarbeitung [°C]
Ingeo 6201D 55 168 230–240
Ingeo 6400D 55 171 230–240
Rilsan BMNO TL 45 192 230–240
EcoPaXX Q170E 60 248 280–290

Mechanische Eigenschaften des Filamentgarns

Mit den anlagenspezifischen Dimensionen (2 m Abstand zwischen Düse und Abzugsgalette) konnten folgende Gesamtverstreckungen der extrudierten Filamente erzielt werden: Faktor 330 für Ingeo PLA 6400D, Faktor 530 für Ingeo PLA 6201D, Faktor 400 für Rilsan PA 11 und Faktor 450 für EcoPaxx PA 4.10. Die größeren Dimensionen der in der Industrie zur Filamentgarnproduktion eingesetzten Anlagen würden diese Werte sicherlich übertreffen und eine weitere Optimierung der mechanischen Eigenschaften ermöglichen.

Die erzielten mechanischen Eigenschaften der Einzelfilamente sind in Tabelle 3 ausgeführt.

Tabelle 3: Erzielte mechanische Eigenschaften der Einzelfilamente (Methode: Zugversuch)
Typ Reißfestigkeit [cN/tex] E-Modul [cN/tex] Bruchdehnung [%] Titer [dtex]
Rilsan BMNO TL ≤ 52 ≤ 576 ≥ 27 ≥ 0,6
EcoPaXX Q170E ≤ 44 ≤ 301 ≥ 36 ≥ 0,9
Ingeo 6201D ≤ 28 ≤ 465 ≥ 34 ≥ 0,8
Ingeo 6400D ≤ 43 ≤ 624 ≥ 29 ≥ 1,5

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die biobasierten bzw. teilbiobasierten Polyamide bezüglich der Verarbeitung und den resultierenden mechanischen Eigenschaften nahezu gleichwertige Alternativen zu den gängigen Spinntypen von PA 6 und PA 6.6 darstellen. Bei den auf Milchsäure basierten Polyestern erreicht das Eigenschaftsprofil Kennwerte, welche den Einsatz im textilen Bereich erlauben. Gleichzeitig sind diese Kennwerte sowie die thermische Beständigkeit von PLA-Fasern gegenwärtig zu gering, um in technischen Applikationen Einsatz zu finden. In Anbetracht der vorliegenden Bioabbaubarkeit von PLA sowie den daraus resultierenden Vorteilen für die Umwelt ist eine optimistische Prognose für die Zukunft dieser Materialklasse in textilen Anwendungen realistisch.

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