Einfärben

– ist für Biokunststoffe gleichermaßen von Bedeutung wie für herkömmliche Kunststoffe. Es existiert fast kein Kunststoffprodukt, das nicht eingefärbt wird. Einer der Hauptgründe hierfür ist die Steigerung der Produktanmutung, was wiederum zu höheren Absatzzahlen führt. Für den Bereich der Biokunststoffe lagen bisher jedoch kaum entsprechende Erkenntnisse vor.

Einfärbevarianten und Farbmittel

Beim Einfärben von Kunststoffen jeder Art gibt es, je nach Form und Dosiermöglichkeit, mehrere Varianten. Die gängigsten werden hier aufgeführt.

Tabelle 1: Einfärbevarianten von Kunststoffen
Masterbatch Flüssigfarben Pulverfarben
Granulatform flüssig/pastös Pulverform
  • Direkte Dosierung möglich
  • Pigmente sind ins Trägerpolymer eingebracht
  • Zugabe bei ca. 1–5 Gew.-%
  • Direkte Dosierung möglich
  • Pigmente/Farbstoffe sind in Flüssigkeit gebunden
  • Zugabe bei ca. 0,01–1 Gew.-%
  • Direkte Dosierung nicht möglich, vorherige Dispergierung in einem Mischer notwendung
     

Ein wichtiger Faktor beim Einfärben ist die Art und Qualität der Einfärbung. Nach DIN 55943 wird unter dem Begriff „Farbmittel“ die Gesamtheit aller farbgebenden Substanzen verstanden. Diese wiederum werden in die Gruppen „Farbstoff“ und „Pigment“ unterteilt und können sowohl organischen als auch anorganischen Ursprungs sein. Farbstoffe sind im Anwendungsmedium löslich und Pigmente unlöslich. Einige Farbmittel sind dabei beständiger als andere. Rot beispielsweise ist i. d. R. ein gegen UV-Einwirkungen weniger beständiges Farbmittel. Üblicherweise erfolgt das Einfärben von Kunststoffen während der Extrusion oder im Spritzgießprozess.

Materialien

Bei den im Kapitel Einfärben untersuchten Biokunststoffen handelt es sich um kommerziell erhältliche Materialien mit entsprechender Marktrelevanz. Die untersuchten Materialien sind in Tabelle 2 aufgeführt.

Tabelle 2: Einfärbevarianten von Kunststoffen
Materialklasse Hersteller Typ
PLA NatureWorks Ingeo 3251D
Bio-PE FKuR Terralene HD3505
PLA+PBT BASF Ecovio IS 1335
PHB Metabolix Mirel P1004
PLA FKuR Bio-Flex S 9533

Bei den eingesetzten Farben handelt es sich um Flüssigfarben mit nachfolgenden Spezifikationen:

Tabelle 3: Eingesetzte Flüssigfarben
Farbe Farbnamen Code Dichte
[g/cm2]
Licht­echt­heit
  White DLC 0.1212 1,32 8
  Black DLC 0.1214 1,03 8
  Yellow DLC 1.1215 1,32 8
  Orange DLC 2.1216 1,07 7
  Warm Red DLC 3.1217 1,21 6
  Red DLC 3.1218 1,19 6
  Rubin Red DLC 3.1219 1,30 6
  Rhodamine Red DLC 3.1220 1,30 7
  Purple DLC 4.1221 1,07 8
  Violet DLC 4.1222 1,43 6
  Blue DLC 5.1223 1,50 7
  Reflex Blue DLC 5.1224 1,52 8
  Process Blue DLC 5.1225 1,32 8
  Green DLC 6.1226 1,20 7

Untersuchungen

Um die gesamte Farbpalette der verfügbaren Flüssigfarben untersuchen zu können, wurde die Auswahl auf drei Biokunststoffe als Matrixpolymer begrenzt. Diese drei Materialien wurden mit jeder der verfügbaren Farben zu einem Anteil von 0,1 Gew.-% verarbeitet. Ziel war es, umfangreiche Aussagen zur Verarbeitbarkeit, zum optischen Verhalten und zum Einfluss des Einfärbens auf die mechanischen Kennwerten zu erhalten. Die Materialien wurden auf einer Spritzgießmaschine der Firma KraussMaffei vom Typ 50-180AX zu Farbplatten mit den Abmessungen 90 x 55 x 2 mm verarbeitet. Diese Platten wurden für die weiterführenden Untersuchungen herangezogen.

Verarbeitbarkeit

Die Flüssigfarben konnten im Spritzgießprozess problemlos in die Biokunststoffe PLA Ingeo 3251D und Bio-PE Terralene 3505 HD eingearbeitet werden. Dabei wurde lediglich eine Farbkonzentration von 0,1 Gew.-% aufgewendet, die beim Bio-PE bereits zu einer blickdichten Einfärbung führte. Das PLA wies durch seine lichtdurchlässigen Eigenschaften keine vollständige Blickdichtigkeit auf. Als Herausforderung erwies sich die Einfärbung des Biokunststoffes PLA+PBT. Hier trat ein innhomogenes und schwaches Farbbild auf, das erst durch ein Erhöhen der Farbkonzentration auf 0,5 Gew.-% verbessert werden konnte. Ein großer Vorteil der Flüssigfarben kann für die Bereiche Dosiermenge und Farbwechsel festgehalten werden, denn es waren lediglich zehn Zyklen nötig, um von einer Farbe auf die nächste zu wechseln. Dies ist mit den meistens verwendeten Masterbatches nicht möglich. Nachfolgend sind in Tabelle 4 die verwendeten Spritzgießparameter ersichtlich, die zur Herstellung der Farbplatten verwendet wurden.

Spritzgießparameter zur Herstellung der Farbpaletten

Tabelle 4a: PLA-Spritzgießparameter
Zeit [s]
Einspritzzeit 1,5–2
Kühlzeit 32–36
Zykluszeit 54–58
Druck [bar]
Spritzdruck 1200
Nachdruck 450–480
Kraft [kN]
Zugkraft 470–485
Geschwindigkeit [mm/s]
Einspritz­geschwindigkeit 40
Temperatur [°C]
Einzug/Zone 1/
Zone 11
50/180/
240
Werkzeug­temperatur 2 x 25
Tabelle 4b: Bio-PE-Spritzgießparameter
Zeit [s]
Einspritzzeit 1,5–2
Kühlzeit 25–28
Zykluszeit 44–47
Druck [bar]
Spritzdruck 1200
Nachdruck 600–625
Kraft [kN]
Zugkraft 485
Geschwindigkeit [mm/s]
Einspritz­geschwindigkeit 70
Temperatur [°C]
Einzug/Zone 1/
Zone 11
30/155/
195
Werkzeug­temperatur 2 x 45
Tabelle 4c: PLA+PBAT-Spritzgießparameter
Zeit [s]
Einspritzzeit 1,2
Kühlzeit 14–16
Zykluszeit 27–30
Druck [bar]
Spritzdruck 900
Nachdruck 630
Kraft [kN]
Zugkraft 485
Geschwindigkeit [mm/s]
Einspritz­geschwindigkeit 75
Temperatur [°C]
Einzug/Zone 1/
Zone 11
60/155/
210
Werkzeug­temperatur 2 x 25

UV-Stabilität

Diese Untersuchung gibt Aufschluss über die Auswirkungen der eingearbeiteten Flüssigfarben auf Farbveränderungen des Mate rials nach UV-Bestrahlung. Dabei gibt ∆E den Wert für den Farbabstand zwischen der unbestrahlten und der bestrahlten Probe an. Ab einem ∆E-Wert von 2 erkennt das Auge i. d. R. eine Abweichung bei Farben, Abweichungen bei Grautönen werden schon deutlich früher erkannt. Bei einem Wert von 4 ist die Abweichung als sofort erkennbar einzustufen. Abbildung 1 zeigt den Farbabstand aller Flüssigfarben in Kombination mit den eingesetzten Biokunststoffen.

Das eingefärbte PLA und Bio-PE zeigen durch die vierzehntägige UV-Bestrahlung überwiegend als „normal“ zu bewertende Farbabweichungen. Auffällig ist, dass einige Farben (White, Black, Rhodamine Red, Purple, Process Blue) sogar eine UV-stabilisierende Wirkung gegenüber dem nativen (ungefärbten) Biokunststoff aufweisen. Farben wie Yellow, Warm Red, Red, Rubin Red, Violet, Blue und Reflex Blue hingegen zeigen deutliche Abweichungen und sollten daher für Formteile, die starkem Sonnenlicht ausgesetzt sind, zusätzlich mit UV-Stabilisatoren versehen werden.

Farbabstand nach 14-tägiger UV-Bestrahlung
Abbildung 1: Farbabstand nach 14-tägiger UV-Bestrahlung
Farbmessung nach DIN EN ISO 5033-4; D65/10°; n=9
Reihenfolge der Messung: Ingeo 3251D (1), Terralene HD 3505 (2), Ecovio IS 1335 (3)

Mechanische Eigenschaften

Die Auswertung der mechanischen Eigenschaften erfolgt anhand der Charpy-Schlagzähigkeitsprüfung nach vierzehntägiger UV-Bestrahlung, da die Biokunststoffe Bio-PE und PLA+PBT im unbehandelten Zustand zu keinem Bruch führten. Bei dieser Prüfung (DIN EN ISO 179/2) wird die Kraft ermittelt, die zum Durchschlagen eines Prüfkörpers benötigt wird. Die Prüfung wurde für ausgewählte Farben durchgeführt.

Schlagzähigkeitsergebnisse nach 14-tägiger UV-Bestrahlung
Abbildung 2: Schlagzähigkeitsergebnisse nach 14-tägiger UV-Bestrahlung
Schlagbiegeversuch nach DIN EN ISO 179/2; Typ 2; 5J-Pendel; n=12
Ingeo 3251D und Ecovio IS 1335 + 0,1 % Einfärbung

Auffällig bei den durchgeführten Untersuchungen ist, dass alle Flüssigfarben zu Kennwertsteigerungen bei der Charpy-Prüfung führen. Somit kann eine positive Wirkung auf die Zähigkeit dieser Biokunststoffe festgehalten werden.

Einfärben mit Masterbatch

Zum Vergleich der unterschiedlichen Einfärbemethoden wurden die beiden Werkstoffe NatureWorks Ingeo 3251D (PLA) und Metabolix Mirel P1004 (PHB) jeweils mit einem blauen und einem grünen Masterbatch eingefärbt. Das Masterbatch basiert auf PLA, ist kommerziell erhältlich und erfüllt die Norm EN 13432 bezüglich der biologischen Abbaubarkeit.

Bei der Verarbeitung von Ingeo 3251D traten bei der Verwendung einer Standard-Dreizonenschnecke ohne Mischelemente leichte Farbschlieren an der Oberfläche auf. Eine wesentliche Verbesserung der Farbhomogenität, die zur Beseitigung der Schlierenbildung führte, konnte durch den Einsatz einer Schnecke mit zusätzlichen Zahnscheibenmischteilen vor der Rückstromsperre erreicht werden. Auch ein höherer Staudruck bewirkte eine Reduzierung der Schlierenbildung. Die Ver arbeitungsparameter zeigten insgesamt einen geringen Einfluss auf den resultierenden Farbton. Lediglich eine Erhöhung der Massetemperatur führte zu einer leichten Veränderung der Farbe, die allerdings deutlich unterhalb der sichtbaren Wahrnehmungsschwelle lag. Somit zeigte sich das Ingeo 3251D robust gegenüber potenziell farbverändernden Einfluss größen im Spritzgießprozess

Obwohl die Werkstoffe PLA und PHB in ihrer molekularen Struktur relativ ähnlich sind, wurde bei der Einfärbung von Mirel P1004 eine Inkompatibilität mit dem Trägermaterial der Masterbatches festgestellt. Die Ursache lag dabei in der unterschiedlichen Viskosität der beiden Materialien. Dies führte bei Verwendung der Standard-Dreizonenschnecke zu sehr starken Schlierenbildungen am Bauteil. Durch Einsatz einer Schnecke mit Mischelementen wurden die Bauteile optisch wesentlich homogener, allerdings zeigten die Farbmessungen deutliche Streuungen im laufenden Prozess. Auf die mechanischen Eigenschaften hatte die Einfärbung keinen Einfluss.

Zusammenfassung

Die untersuchten Biokunststoffe weisen für den Bereich Einfärben gute Ergebnisse auf. Die Verarbeitbarkeit der eingesetzten Flüssigfarben konnte problemlos im Spritzgießprozess erfolgen. Bereits ein Farbanteil von 0,01 Gew.-% hat bei den Biokunststoffen PLA und Bio-PE zu guten Ergebnissen geführt. Beim PLA+PBT war die Farbwirkung jedoch weniger ausgeprägt und konnte erst ab einem Farbanteil von 0,5 Gew.-% zu guten Ergebnissen führen. Besonders positiv hervorzuheben ist die geringe Zykluszahl, die bei einem Farbwechsel notwendig ist. Die untersuchten Biokunststoffe weisen im eingefärbten Zustand ein „typisches Verhalten“ hinsichtlich ihrer UV-Stabilität auf. In Kombination mit Farben wie z. B. Rot sind nach längerer UV-Bestrahlung deutliche Farb abweichungen erkennbar, wohingegen die Einfärbung mit z. B. Schwarz zu einer UV-Stabilisierung führt. Besonders interessant ist, dass das Einfärben mit Flüssigfarben die Zähigkeit der untersuchten Biokunststoffe erkennbar steigert.

Insgesamt ist für das Einfärben von Biokunststoffen mit Flüssigfarben festzuhalten, dass dies ohne Einsatz von besonderen oder zusätzlichen Maßnahmen möglich ist und zu guten Ergebnissen führt.

Beim Einfärben mit Masterbatch zeigen Biokunststoffe die gleichen Schwierigkeiten im Prozess wie konventionelle Thermoplaste. So können beim Einsatz einer Standard-Dreizonenschnecke ohne Mischelemente Farbschlieren aufgrund unzureichender Homogenisierung auftreten. Ist das Trägermaterial des Masterbatches nicht mit dem einzufärbenden Kunststoff kompatibel, kann kein reproduzierbarer Farbton erzeugt werden. Dies gilt für Biokunststoffe gleichermaßen wie für konventionelle Kunststoffe.

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