Kunststoff-Fließpressen
– dient der Herstellung langfaserverstärkter Thermoplasten.
Faserverstärkte Thermoplaste sind in vielen industriellen Bereichen und Anwendungen zu finden und gewinnen im Zusammenhang mit der Forderung nach Leichtbau und beanspruchungsgerechter Bauteilgestaltung zunehmend an Bedeutung. Besondere Bedeutung kommt hierbei den langfaserverstärkten Thermoplasten zu, da diese, wie kaum eine andere Werkstoffklasse, einstellbare Materialeigenschaften sowie Gestaltungsfreiheit ermöglichen. Sie nehmen heute schon als Leichtbauwerkstoff für semistrukturelle Bauteile einen festen Platz in der Automobilindustrie ein. So werden aktuell im Kraftfahrzeugbau großflächige Bauteile wie Instrumententafelträger (Mercedes Benz E-Klasse), Front-End-Träger (Fiat Stilo, Škoda Fabia), Unterbodenelemente (Mercedes Benz A-Klasse) oder Reserveradabdeckungen (VW Touran) aus langglasfaserverstärktem Polypropylen, Polyamid oder ABS hergestellt. PP verdrängt aufgrund des niedrigen Materialpreises, der günstigen Materialeigenschaften sowie den Vorteilen beim Recycling sogar technische Kunststoffe.
Langglasfaserverstärkte thermoplastische Bauteilen können indirekt aus Halbzeugen oder im Direktverfahren hergestellt werden. Zu den halbzeugbasierten thermoplastischen Pressmassen gehören die glasmattenverstärkte Thermoplaste (GMT) und das vorkonfektionierte Stäbchengranulat (LFT-G). Von besonderem industriellen Interesse sind jedoch die Direktverfahren (LFT-D), wie XRETM-Prozess (Faurecia) oder LFT-D-ILC (Dieffenbacher). Aufgrund des Wegfalls eines zusätzlichen Verarbeitungsschrittes der Halbzeugherstellung sind LFT-D-Prozesse ökonomisch vorteilhafter.
Trotz der Entwicklung der Prozesstechnik hat das LFT-Pressen im Vergleich zum LFT-Spritzgießen zahlreiche Vor- auch Nachteile. Die fließgepressten Bauteile müssen durch einen zusätzlichen Nachbearbeitungsschritt fertiggestellt werden. Durchgangsöffnungen können in der Regel nur durch nachträgliches Ausstanzen realisiert werden. Dabei fallen Produktionsabfälle an, die zusätzliche Materialkosten sowie höheren Recyclingaufwand verursachen. Beim Fließpressen, besonders beim GMT- oder LFT-Direktprozess, können allerdings signifikant höhere Faserlängen realisiert werden. Dies hat neben verbesserter Festigkeit und Schlagzähigkeit positive Auswirkungen auf die Verzugseigenschaften und Dimensionsstabilität sowie verbessertes Kriech- und Ermüdungsverhalten der Bauteile unter Temperaturbeanspruchung. Außerdem fällt das Verhältnis der Bauteilgröße zur Werkzeuginvestition zu Gunsten des Fließpressprozesses aus.
POLYFORT® FPP LGF 30 | BIO-FED PLA LGF 30 | Prüfnorm | |
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E-Modul [GPa] | 7,5 | 11,4 | ISO 524-1/-2 |
Zugfestigkeit [MPa] | 110 | 91,7 | ISO 524-1/-2 |
Bruchdehnung [%] | 2,6 | 1,06 | ISO 524-1/-2 |
Charpy-Schlagzähigkeit [kJ/mm2] | 60 | 22,3 | ISO 179/1eU |
Charpy-Kerbschlagzähigkeit [kJ/mm2] | 18 | 18,7 | ISO 179/1eA |
HDT/A [°C] | 149 | 60 | ISO 75-1/-2 |
Die Entwicklung von Bio-LFT steht aufgrund der nicht vorhandenen Nachfrage, bedingt durch hohe Materialpreise und häufig unzureichende Materialperformance, allerdings noch am Anfang und erfordert im Vergleich zu konventionellen LFTs noch eine Reihe von werkstofflichen und verfahrenstechnischen Entwicklungen. Eines der wenigen verfügbaren biobasierten Produkte ist aktuell das Polylactid (PLA) LGF 30, welches von der Firma BIO-FED GmbH als ummanteltes Stäbchengranulat in 10 mm Länge auf Anfrage angeboten wird. Bei diesem BioLFT-G handelt es sich um ein mit 30 Gew.-% LGF verstärktes spritz- und fließpressfähiges PLA. Das optimale Verarbeitungsverfahren für dieses Material ist das Plastifizierpressen. Dabei wird das Granulat in einem Extruder aufgeschmolzen, homogenisiert, anschließend in Form eines Stranges ausgetragen und verpresst. Da bei dieser Art von Granulat das Auflösen von Faserbündeln und das Benetzen von Einzelfasern beim Aufschmelzprozess im Einschneckenextruder stattfindet, sind zur Minimierung von Faserschädigungsmechanismen Extruder mit größeren Schneckendurchmessern (D > 60 mm) zu verwenden. Am stärksten werden die Fasern geschädigt, während die Schmelze das Werkzeug füllt. Durch geeignete Auslegung des Fließpresswerkzeuges lässt sich die Faserkürzung deutlich redu zieren.
Zusammenfassung
Das Potenzial der biobasierten Kunststoffe ist mit diesem bereits realisierten und exemplarischen Beispiel noch lange nicht ausgeschöpft. Eine Anwendbarkeit von PLA als biobasierter Matrixwerkstoff für konkurrenzfähige fließgepresste LFT-Anwendungen erfordert weitere Tätigkeiten in Forschung und Entwicklung. Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass durch eine Zugabe von weiteren kompatiblen Biokunststoffen, insbesondere von Polybutylensuccinat (PBS), die Schlagzähigkeit und die Wärmeformbeständigkeit des Verbundes signifikant gesteigert werden kann, ohne dass das Material maßgeblich an Steifigkeit und Festigkeit verliert. Eine große Rolle in fließgepressten semistrukturellen Anwendungen werden zukünftig jedoch die nicht abbaubaren, biobasierten Polyamide und BioPP spielen, da diese ein deutlich breiteres und optimierungsfähigeres Eigenschaftsspektrum besitzen.
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